Früher sind die deutschen Gerichte davon ausgegangen, dass die Verbraucher ziemlich blöd und unaufmerksam sind. Eine Werbemaßnahme konnte deshalb ganz schnell mal als wettbewerbswidrig gelten, sobald man fürchten musste, dass irgendein schludriger Verbraucher dadurch getäuscht werden könnte.
Dann kam vor einigen Jahren der Europäische Gerichtshof (EuGH). Seiner Meinung nach kann man den Verbrauchern schon etwas mehr zutrauen. Jedenfalls ist eine Werbemaßnahme in Ordnung, wenn ein durchschnittlich wacher Verbraucher sie richtig versteht. Diese Rechtsauffassung hatte sich inzwischen über viele Jahre bewährt und eigentlich fanden alle sie richtig.
Aber: im bösen Internet ist jetzt wieder alles anders. Und das kam so: Findige Betrüger hatten Internetseiten gebastelt, auf denen sie die Schnellklicker in irgendwelche Bezahlfallen lockten – schwups sollte ein kostenpflichtiger Vertrag zustande gekommen sein. Dann nervten sie die Betroffenen mit Mahn- und Inkassoschreiben. Die derart Geplagten schrien Zeter und Mordio, vorzugsweise in reißerischen Fernsehbeiträgen des Vorabendprogramms. Bis die Politiker, zumindest die Verbraucherschützer unter ihnen, das Gefühl hatten, beim Wahlvolk „ein Zeichen setzen“ zu müssen. Es wurde die ziemlich sinnlose „Buttonlösung“ als Gesetz erlassen. Ergebnis: zweistellige Millionenschäden bei den seriösen Onlinehändlern, die ihre Shops mal wieder umbauen mussten. Keine Verbesserung bei den betrügerischen Angeboten, denn die halten sich sowieso nicht an Gesetze. Ach ja: die betrügerischen Verträge dürften übrigens schon vor der Buttonlösung unwirksam gewesen sein.
Und so kommt es, dass auch die deutschen Gerichte – aber nur im Internet – jetzt wieder vom dümmstmöglichen Verbraucher ausgehen müssen, wie eine aktuelle Entscheidung des Landgerichts Berlin zeigt: der Button
„Jetzt verbindlich anmelden! (zahlungspflichtiger Reisevertrag)“
ist demnach leider nicht gesetzeskonform und ist somit wettbewerbswidrig, weil ein Verbraucher daran – aber nun wirklich – nicht erkennen kann, dass der Klick Geld kosten wird. Und bevor jetzt wieder alle auf die Richter schimpfen: das Gesetz ist schon sehr streng und Richter bemühen sich einfach nur, den Willen des Gesetzes mit ihren Entscheidungen zu treffen.
P.S.: Ich bin eigentlich ein großer Fan unseres Rechtssystems, aber Verbraucherschutz (und übrigens auch Datenschutz) lassen einen manchmal staunend zurück.
P.P.S.: Vielleicht bin ich ja auch der Einzige, der diesen Button des Reiseveranstalters für verständlich hält. Wie sehen Sie das? Ist der Button zu lang? Ist er zu unklar? Oder sind wir schon „Buttonlösung“-geschädigt? (Sie können unten einen Kommentar hinterlassen.)
Ich finde das ganze Schauspiel nicht mehr lustig. Ich werde mich auch mal beschweren das die an der ALDI Kasse ein Schild (ca 3,5m x 0,5m) aufhängen mit der Aufschrift
„Alle Waren die Sie auf das Band legen müssen Sie kostenpflichtig bezahlen!“
Wie kommen Menschen, die sich über solche Sachverhalte beschweren und auch noch erfolgreich klagen durchs leben? Mit einem Schild um den Hals „einatmen … ausatmen … einatmen … usw“. Von einem DAU auszugehen ist nicht verkehrt. Aber so? Ich bin stink sauer…
Die Strafen für Abzocker müsste einfach erhöht werden. 25.000 pro Fall inkl. 5 Jahre Bewährung. Beim 2. mal 50K und 5 Jahre fest. Nur so pro forma. Abzocke ist Abzocke. Egal ob 1000 mal 5 Euro oder 4 mal 20k.
Jedem ehrlichen Unternehmen wird es unnötig schwer gemacht und Abmahnanwälten immer wieder eine Steilvorlage geliefert. Was reg ich mich überhaupt auf … Mutti macht das schon 🙁
So ein quark, wirklich.
Hallo Herr Kraus,
ich würde es so verstehen. Die Einwahl ist natürlich kostenlos aber danach wenn man sich alles angeschaut hat müsste es noch einmal ersichtlich einen Zahlbutton geben. Gleich bei der Einwahl würde ich nicht schon mit einem von mir abgeschlossenen Vertrag rechnen. Dieses „verbindlich anmelden“ könnte man unter Umständen falsch verstehen.
Viele Grüße
Hallo Herr Kraus,
danke für den Newsletter. Es gibt vordefinierte Bestellhinweise bei der Buttonlösung dazu gehören z.B.: „zahlungspflichtig bestellen“ oder „kaufen“ und weitere „furchtbare Ausdrücke“…
Ich finde die Gerichte sollten nicht an diesem Paragrafen kleben sondern flexibel nach Menschenverstand entscheiden. Das haben sie in diesem Falle definitiv nicht getan. Es ist eine skandalöse Entscheidung zumal es sein Ziel die Abzocke zu unterbinden komplett verfehlt.
Dann frage ich mich aber auch, was ist mit den Wölfen im Schafspelz? Z.B manchen Banken? Eine unserer Kundinnen hat eine Online-Überweisung aus dem Ausland getätigt und dabei die IBAN Nummer ins falsche Feld eingetragen. Die Online-Überweisung mit anderen Worten gesagt die vollautomatische Überweisung konnte nicht durchgeführt werden und deshalb hat man ihr 20 Euro!! Gebühren berechnet. Das bei einem Warenwert von 56 Euro! Eine Überweisung aus der Schweiz nach Deutschland nicht aus Afrika oder sonstwo! Es wäre mehr getan, wenn sich die Gerichte tatsächlich mit dem Rechtsempfinden der Mehrheit befassen und nicht Paragrafen verwalten üben.