Noch eine Woche bis zum Inkrafttreten der neuen Produktsicherheitsverordnung der EU (GPSR) am 13.12.2024. Insbesondere für viele Amazon-Händler scheint es von existenzieller Bedeutung zu sein, dass sie diese Vorschriften rechtzeitig umsetzen können, denn der Plattformbetreiber fordert schon seit Monaten entsprechende Zuarbeiten von den dort anbietenden Verkäufern. Dabei kommen viele Fragen und Zweifel auf, auch zur Auslegung der GPSR.
Wie hatte sich der Normgeber den Umgang mit solchen Problemen der Betroffenen eigentlich vorgestellt? Da heißt es in der Vorschrift zunächst in den Erwägungsgründen (41):
„Damit Wirtschaftsakteure, bei denen es sich um kleine und mittlere Unternehmen (KMU), einschließlich Kleinstunternehmen, handelt, in der Lage sind, die durch diese Verordnung auferlegten neuen Pflichten zu bewältigen, sollte die Kommission ihnen praktische Leitlinien und eine maßgeschneiderte Beratung zur Verfügung stellen, zum Beispiel einen direkten Kanal, über den Sachverständige bei Fragen kontaktiert werden können, wobei zu berücksichtigen ist, dass Vereinfachungen erforderlich sind und der Verwaltungsaufwand begrenzt werden muss.“
Folgerichtig wird in der Vorschrift vollmundig angekündigt (Art. 17 GPSR a.E.):
„Die Kommission erlässt spezifische Leitlinien für Wirtschaftsakteure, mit besonderem Bezug auf die Bedürfnisse derjenigen, die als KMU gelten, einschließlich Kleinstunternehmen, über die Erfüllung der in der vorliegenden Verordnung festgelegten Pflichten.“
Das war vor anderthalb Jahren (Erlass der GPSR).
Heute, eine Woche vor D-Day, sucht man immer noch vergeblich nach solchen Leitlinien. Es findet sich immerhin eine Anfrage einer Fraktion des Europaparlaments von Anfang November, wo denn nun die Leitlinien blieben:
„… 3. Wann gedenkt die Kommission, ihre Leitlinien zu veröffentlichen und kann die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass KMU jetzt Leitlinien benötigen, bevor sie ihre neuen Verpflichtungen im Rahmen der GPSR (die ab dem 13. Dezember 2024 gilt) erfüllen müssen, dem Parlament versichern, dass sie die Leitlinien rechtzeitig veröffentlichen wird, damit KMU genügend Zeit haben, sich anzupassen?“
Daraufhin hat die Kommission ein kurzes FAQ-Dokument zur GPSR „veröffentlicht“ (man findet es eigentlich nur, wenn man den deep link kennt), wo die erste Frage/Antwort lauten:
„Question: Does the Commission provide a set of guidelines for the new Regulation?
Answer: Yes, the Commission will provide a set of guidelines for businesses, specifically to help small and mid-sized companies and microenterprises to comply with their new obligations, as foreseen in Article 17 of the GPSR.
The Commission intends to adopt and publish these guidelines before the entry into application of the GPSR.„
Im Übrigen bleiben die dortigen Antworten recht vage und zudem unverbindlich.
Es ist ja noch eine Woche Zeit.
Vielleicht, nur vielleicht, ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass doch etwas zu viele Vorschriften erlassen werden, wenn nicht einmal der personell und finanziell üppig ausgestaltete EU-Apparat mit seinen Hausaufgaben hinterherkommt? Na ja, die sogenannten „Wirtschaftsakteure“ werden das schon schaffen und irgendwie überleben. Oder?