06.12.2024 von Kraus
Noch eine Woche bis zum Inkrafttreten der neuen Produktsicherheitsverordnung der EU (GPSR) am 13.12.2024. Insbesondere für viele Amazon-Händler scheint es von existenzieller Bedeutung zu sein, dass sie diese Vorschriften rechtzeitig umsetzen können, denn der Plattformbetreiber fordert schon seit Monaten entsprechende Zuarbeiten von den dort anbietenden Verkäufern. Dabei kommen viele Fragen und Zweifel auf, auch zur Auslegung der GPSR.
Wie hatte sich der Normgeber den Umgang mit solchen Problemen der Betroffenen eigentlich vorgestellt? Da heißt es in der Vorschrift zunächst in den Erwägungsgründen (41):
„Damit Wirtschaftsakteure, bei denen es sich um kleine und mittlere Unternehmen (KMU), einschließlich Kleinstunternehmen, handelt, in der Lage sind, die durch diese Verordnung auferlegten neuen Pflichten zu bewältigen, sollte die Kommission ihnen praktische Leitlinien und eine maßgeschneiderte Beratung zur Verfügung stellen, zum Beispiel einen direkten Kanal, über den Sachverständige bei Fragen kontaktiert werden können, wobei zu berücksichtigen ist, dass Vereinfachungen erforderlich sind und der Verwaltungsaufwand begrenzt werden muss.“
Folgerichtig wird in der Vorschrift vollmundig angekündigt (Art. 17 GPSR a.E.):
„Die Kommission erlässt spezifische Leitlinien für Wirtschaftsakteure, mit besonderem Bezug auf die Bedürfnisse derjenigen, die als KMU gelten, einschließlich Kleinstunternehmen, über die Erfüllung der in der vorliegenden Verordnung festgelegten Pflichten.“
Das war vor anderthalb Jahren (Erlass der GPSR).
Heute, eine Woche vor D-Day, sucht man immer noch vergeblich nach solchen Leitlinien. Es findet sich immerhin eine Anfrage einer Fraktion des Europaparlaments von Anfang November, wo denn nun die Leitlinien blieben:
„… 3. Wann gedenkt die Kommission, ihre Leitlinien zu veröffentlichen und kann die Kommission in Anbetracht der Tatsache, dass KMU jetzt Leitlinien benötigen, bevor sie ihre neuen Verpflichtungen im Rahmen der GPSR (die ab dem 13. Dezember 2024 gilt) erfüllen müssen, dem Parlament versichern, dass sie die Leitlinien rechtzeitig veröffentlichen wird, damit KMU genügend Zeit haben, sich anzupassen?“
Daraufhin hat die Kommission ein kurzes FAQ-Dokument zur GPSR „veröffentlicht“ (man findet es eigentlich nur, wenn man den deep link kennt), wo die erste Frage/Antwort lauten:
„Question: Does the Commission provide a set of guidelines for the new Regulation?
Answer: Yes, the Commission will provide a set of guidelines for businesses, specifically to help small and mid-sized companies and microenterprises to comply with their new obligations, as foreseen in Article 17 of the GPSR.
The Commission intends to adopt and publish these guidelines before the entry into application of the GPSR.„
Im Übrigen bleiben die dortigen Antworten recht vage und zudem unverbindlich.
Es ist ja noch eine Woche Zeit.
Vielleicht, nur vielleicht, ist es aber auch ein Zeichen dafür, dass doch etwas zu viele Vorschriften erlassen werden, wenn nicht einmal der personell und finanziell üppig ausgestaltete EU-Apparat mit seinen Hausaufgaben hinterherkommt? Na ja, die sogenannten „Wirtschaftsakteure“ werden das schon schaffen und irgendwie überleben. Oder?
Tags: Guidlines, Leitlinien, Produktsicherheitsverordnung Posted in News, Uncategorized | No Comments »
04.12.2024 von Kraus
Alljährlich zur Vorweihnachtszeit haben Unternehmer, insbesondere Händler, eigentlich viel zu tun.
In diesem Jahr sind sie zusätzlich damit beschäftigt, die Vorgaben einer neuen EU-Norm umzusetzen, die praktischerweise am 13. Dezember zu erfüllen sind (GPSR).
Bei der Arbeit mit dem Text der Vorschrift fallen aus markenrechtlicher Sicht gleich zwei Redaktionsfehler auf, die sich dort wohl in der deutschen Fassung eingeschlichen haben, anscheinend durch eine allzu wortwörtliche Übersetzung aus der englischen Vorlage.
So lautet die Definition des Herstellers in Art. 3 Nr. 8 GPSR (Hervorhebung durch mich):
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Hersteller“ jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt in ihrem eigenen Namen oder unter ihrer eigenen Handelsmarke vermarktet;“
Richtig dürfte hingegen sein:
„Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Hersteller“jede natürliche oder juristische Person, die ein Produkt herstellt oder entwerfen oder herstellen lässt und dieses Produkt unter ihrem eigenen Namen oder unter ihrer Marke vermarktet;“
Warum?
- Weil „in ihrem Namen“ nach deutschem Rechtsverständnis das Gegenteil von „in fremdem Namen“ (also zum Beispiel als Vertreter) bedeutet. Nun soll aber im hiesigen Normzusammenhang nicht der Fall beschrieben werden, dass ein Unternehmer, was ohnehin die Regel sein dürfte, im eigenen Namen statt in fremdem Namen handelt. Vielmehr soll es darum gehen, ob er die Ware „unter“ seinem eigenen Namen anbietet, also zum Beispiel gekennzeichnet mit seinem Unternehmensnamen oder nicht.
- Die Bezeichnung „Handelsmarke“ wiederum wird im deutschen Markenrecht meist eng verstanden als eine besondere Art der Marke, nämlich jene besondere Fallgruppe von Marken, die von einem Handelsunternehmen gehalten werden. Mit dem englischen Ausdruck „trademark“ hingegen, der hier wohl als Vorlage diente, ist ganz allgemein „Marke“ gemeint. Ein Übersetzer, der diesen Hintergrund nicht vor Augen hat, kommt freilich schnell einmal von „trademark“ auf „Handelsmarke“ (wegen „trade“=“Handel“ und „mark“=“Marke“; zumal das Wort „Handelsmarke“ in der deutschen Sprache eben auch existiert, nur mit einer anderen Bedeutung als „trademark“).
Dieser Befund bestätigt sich übrigens, wenn man zur Überprüfung zusätzlich die französische Fassung heranzieht, wo es auch heißt „… sous son propre nom ou sa propre marque …“.
Tags: GPSR, Handelsmarke, Hersteller, Marke, Markenrecht, Name Posted in Markenrecht, News | No Comments »
20.09.2019 von Kraus
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass man in den Hinweisen auf die Streitbeilegung nicht schreiben darf (problematisch ist dort der zweite Satz):
„Es wird darauf hingewiesen, dass der Anbieter nicht verpflichtet ist, an
einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle
teilzunehmen. Die Bereitschaft dazu kann jedoch im Einzelfall erklärt
werden.“
Der Verbraucher wisse dann ja nicht, wann der „Einzelfall“ gegeben sei und wann nicht.
Pech hatte damit die Website mytime.de
Und wurde quasi dafür bestraft, dass man dort gegenüber dem Verbraucher Entgegenkommen signalisiert hatte, nämlich von Fall zu Fall doch zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit zu sein.
Es zeigt sich wieder einmal: die überbordenden Regelungen zu Kundeninformationspflichten, die im Dienste eines vermeintlichen Verbraucherschutzes erlassen werden, sollte man vorsichtig und sparsam befolgen: Immer nur das Nötigste sagen; Texte so knapp wie möglich halten. Denn die Regelungen sind oft so kleinteilig und verzwickt, dass jeder phantasievolle Ergänzungsversuch (wie oben im zweiten Satz) mit einer haarspalterischen Abmahnung bestraft werden kann.
Die hartnäckige Verteidigung von mytime.de über drei Instanzen kann man gut verstehen, denn eigentlich hatte man dort nur versucht, ein bisschen nett zu sein. Zum Verbraucher. Aber der darf nur vom Staat beschützt werden. Und sei es vor sich selbst.
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b … os=0&anz=2
Tags: BGH, Bundesgerichtshof, im Einzelfall, mytime.de, Online-Streitbeilegung, VIII ZR 265/18 Posted in Abmahnwarnungen, News, Wettbewerbsrecht | No Comments »
07.02.2018 von Kraus
AKTUALISIERUNG (09.02.2018): Das nachfolgend geschilderte Problem ist wieder entfallen, nachdem man bei der EU die Weiterleitungen in der dortigen OS-Plattform nachgebessert hat.
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STAND 07.02.2018 war:
Die EU hat die Linkstruktur ihrer OS-Plattform umgebaut.
Das ist kein Problem für all jene, die (wie von mir seinerzeit empfohlen), den offiziellen Link in ihre OS-Hinweise in den Kundeninformationen aufgenommen haben, also:
http://ec.europa.eu/odr
Der leitet nach wie vor weiter auf die richtige Seite mit der Sprachauswahl, die unter folgendem Link liegt:
https://ec.europa.eu/consumers/odr/main/index.cfm?event=main.home.chooseLanguage
Viele habe seinerzeit aber auch – direkt – auf das damalige Weiterleitungsziel verlinkt, nämlich http://ec.europa.eu/consumers/odr, zumal dies – ungenau – von mindestens einer Spezialkanzlei empfohlen wurde. Dieser Link funktioniert jetzt nicht mehr. Das könnten die Abmahner, die sich auf die OS-Plattform-Hinweise eingeschossen haben, z.B. IDO e.V., zum Anlass für Abmahnungen oder (schlimmer) Vertragsstrafeforderungen nehmen, wobei einmal dahingestellt sei, ob es begründet wäre.
Sie können hier unten gern Fragen und Kommentare zu diesem Thema hinterlassen:
Tags: Abmahnung, ec.europa.eu/odr, http, https, odr-link, OS-Plattform Posted in Abmahnwarnungen, News, Wettbewerbsrecht | 1 Comment »
13.12.2016 von Kraus
Heute meldete sich eine Mandantin, weil sie ein Schreiben von einer “IPTI“ (angeblicher „International Patent & Trademark Index“) erhalten hatte, nachdem sie eine internationale Marke (sog. IR-Marke) angemeldet hatte.
Wenn Sie auch Post von diesem „Index“ bekommen sollten: Ignorieren Sie diese und zahlen Sie auf keinen Fall.
Das sind betrügerische Rechnungen nach Art der Branchenverzeichnis-Schwindeleien: Die Betrüger finden Ihre Daten (Markenname, Name und Anschrift des des Anmelders) in öffentlich zugänglichen Datenbanken, sobald Ihre Markenanmeldung dort vermerkt wurde. Dann schicken sie Ihnen geschickt aufgemachte Schreiben, die den Eindruck erwecken, als handele es sich bei der Zahlung um notwendige Gebühren für Ihre internationale Marke. Nur irgendwo im Kleingedruckten steht, dass Sie für fast zweitausend Euro in Wirklichkeit nur den (völlig wertlosen) Eintrag in irgendeiner Online-Datenbank erwerben sollen.
Leider fallen anscheinend immer wieder genug vielbeschäftigte Kaufleute in der Eile auf so etwas herein, so dass sich dieses Betrugsmodell nie erledigt, sondern immer wieder variiert wird.
Ähnliche betrügerische Angebote gibt es von anderen Absendern, z.B. vom EPTR, vom OHMI, von der WDTP, von DMVG, von WPTORG und vom sogenannten „Zentralen Grundregister für Marken und Patente„.
Der Unterschied zwischen IPTI und WIPO
IPTI ist eine nutzlose Datenbank. Die WIPO hingegen ist die Weltorganisation für Geistiges Eigentum in Genf. Vor dort werden Sie – falls Sie die Gebühren noch nicht gezahlt haben – auch eine sogenannte „irregularity notice“ bekommen, in der Sie zur Zahlung der tatsächlichen Amtsgebühr aufgefordert werden – auf ein Konto in Genf.
Übrigens:
Wer genauer hinsieht, findet in den Schreiben der “IPTI” einige Auffälligkeiten, die doch stutzig machen, z.B. eine tschechische IBAN, die nicht recht zu den IR-Anmeldungen passen, die eigentlich über die WIPO in Genf abgewickelt werden. Bleibt zu hoffen, dass deshalb kaum jemand auf diese Schreiben hereinfällt.
Die WIPO (Weltorganisation für Geistiges Eigentum) warnt hier vor solchen Zahlungsaufforderungen:
http://www.wipo.int/pct/de/warning/pct_warning.html
Hier ein Beispiel einer solchen Rechnung:
ipti
Nachtrag (17.05.2023): Das Amt für Geistiges Eigentum der Europäischen Union (EUIPO) warnt ebenfalls vor gleichartigen Rechnungen und hat in Zusammenarbeit mit Europol eine Verfahrensprozedur erarbeitet (beides leider nur in Englisch verfügbar):
https://euipo.europa.eu/ohimportal/de/web/guest/-/news/europol-and-euipo-release-procedure-manual-to-combat-misleading-invoices
Tags: 1854, Betrug, international, internationale Markenanmeldung, IPTI, ir-marke, Markenanmeldung, Rechnung, Register, WIPO Posted in Markenrecht, News | No Comments »
25.11.2016 von Kraus
Falls Sie gerade mit dem Gedanken spielen, noch einen Newsletter oder ähnliches für einen „Black Friday“-Verkauf auszusenden, sollten Sie noch einmal darüber nachdenken, ob sich das lohnt, denn:
Es gibt zahlreiche geschützte Marken mit dem Bestandteil „Black Friday“ und mindestens einer der Markeninhaber mahnt wohl auch andere Händler ab, wenn sie den Begriff „Black Friday“ verwenden.
Natürlich kann man darüber diskutieren, was dieser Unfug soll und wieso bzw. ob eine Marke „Black Friday“ überhaupt geschützt sein kann. Fakt ist aber: Wenn Sie eine solche Abmahnung bekommen, dann steht Ihnen womöglich eine längere Auseinandersetzung bevor, die Geld und Zeit kosten kann.
In jedem Falle wünsche ich Ihnen viel Erfolg mit dem Weihnachtsgeschäft.
NACHTRAG 05.04.2018: Gegen die Marke „Black Friday“ des Abmahners sind inzwischen zahlreiche Löschungsanträge gerichtet worden und das Patentamt hat daraufhin die Marke gelöscht. Die Entscheidung ist aber noch nicht rechtskräftig: https://www.black-friday.de/dpma-beschliesst-loeschung-der-wortmarke-black-friday
NACHTRAG 20.09.2019: Am 26.09.2019 wird das Bundespatentgericht über den Fall verhandeln. Dies teilten die Betreiber der (gegen die Abmahnungen gerichteten) Website black-friday.de mit. Die Pressemitteilung findet man hier: https://www.presseportal.de/pm/111552/4366041
Tags: Abmahnung, Black Friday, Löschung, Marke, Patentamt Posted in Abmahnwarnungen, Markenrecht, News, Wettbewerbsrecht | No Comments »
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